DER WISSENSCHAFTLER (Originaltitel: The Researcher)
THE RESEARCHER - English page
IL RICERCATORE - Pagina in italiano
71 Minuten
2024
Paolo Casalis
Biografie, Roadmovie, Klimawandel
Englisch, italienisch, deutsch
Produzioni Fuorifuoco
Produzioni Fuorifuoco, /
Streaming/Download:
In between Jan and Feb 2025, the film will also be on
Der Hochschulwissenschaftler Gianluca Grimalda ist der erste Arbeitnehmer, der für seine Entscheidung gefeuert wurde, zugunsten des Umweltschutzes nicht zu fliegen.
Er übte zivilen Ungehorsam, um fünf Tonnen CO2 einzusparen und auf die Gründe des Klimawandels aufmerksam zu machen.
Hat es sich gelohnt?
Es ist schon verrückt, wie der Preis für Klimagase festgelegt wird: An der Börse wurden Emissionszertifikate für 1 Tonne CO2 Anfang Juni mit rund 75 Euro gehandelt. Die Wohlfahrtsverluste, die der Ausstoß derselben Menge für die aktuelle und kommende Generationen bedeutet, beziffert das Umweltbundesamt derzeit auf 809 Euro. Noch verrückter wird es, wenn jemand versucht, die Rechnung umzudrehen.
Der italienische Sozial- und Klimawissenschaftler Gianluca Grimalda sparte im vergangenen Jahr 5 Tonnen CO2 ein, weil er eine Forschungsreise nach Papua Neuguinea statt mit dem Flugzeug mit Bahnen, Bussen, Mitfahrgelegenheiten per Lkw, Schiffen und Taxis bewältigte. Aber statt dafür kompensiert zu werden, zahlte er drauf – und zwar mit viel Zeit, die Reise dauerte 35 Tage hin und doppelt so lange zurück, mit familiärem Stress, dem Verlust der Freundin.
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel, für das er den Feldversuch in Ozeanien durchführte, zwang ihn nach dessen Ende, sich zu entscheiden – entweder er fliege zurück oder könne sich als gekündigt betrachten. Grimalda blieb seinen Prinzipien treu, das Institut machte seine Drohung wahr, zuletzt bestätigte ein Gericht, dass die Kündigung rechtmäßig sei.
Die Geschichte ging um die Welt, während Grimalda noch unterwegs war, die New York Times berichtete, der Guardian, der Forscher gab teils elf, zwölf Interviews am Tag, die taz veröffentlichte Protokolle der Rückreise, in den sozialen Medien überschlug man sich – nicht immer pro Grimalda.
Viel Bildmaterial von Smartphone des Forschers
Jetzt gibt es das Ganze in einem Dokumentarfilm, den es sich anzuschauen lohnt – auch wenn man meint, alle Artikel bereits gelesen zu haben. Regisseur Paolo Casalis spricht von einem „Road movie über Reisen, Abenteuer, individuelle moralische Prinzipien und universelle Fragen“ – und von einem „Element des Wahnsinns“, wobei weniger Grimalda verrückt sei als sein Arbeitgeber und die Gesellschaft.
Weite Teile von „Der Wissenschaftler“ stammen aus dem Smartphone des Forschers selbst. Casalis mischte Bilder dazwischen von klimaaktivistischen Aktionen. Social-Posts, dass nicht jeder so viel Urlaub habe wie der Forscher, dass er CO2 sparen würde, da man ihn unterwegs sowieso einsperren werde. Ein paar Grafiken, Landkarten, um die Strecke nachvollziehen zu können.
Im Kopf aber bleiben die Bilder von Papua Neuguinea, untergegangenen Häusern, trügerischer Ruhe, üppiger Natur und umständlichen Fahrten von einem Dorf zum anderen, hoch engagierten lokalen Mitarbeitenden. Noch mehr aber die Bilder von unterwegs: lange Fahrten mit Nacht- und anderen Zügen, oft voll und laut, die Schlafmaske immer dabei, Grenzübergänge mit und ohne Soldaten, schwere Waffen, leichtes Geplänkel, Lkw- und Taxifahrten, Fahrten mit Fähren und anderen Schiffen, die am frühen Morgen leere Akropolis in Athen, volle Straßen in Ankara, Märkte mit lebenden und sterbenden Tieren in Kalkutta. Die Windschutzscheiben der Fahrzeuge haben immer mehr Sprünge, je weiter es ostwärts geht.
„Ich fühle mich nicht mehr wichtig, nicht mehr wie ein V.I.P.“, sagt Grimalda in die Selfiekamera. „Wie fühlt es sich an, dass die Welt Ende des Jahrhunderts 2,4 Grad wärmer sein wird“, fragt er ein mitfahrendes Paar. Die Klimaanlage laufe schon im März statt Ende April, sagt die Frau, das Wetter sei nicht mehr vorhersehbar, „ich habe keine Antwort“. Mit einem anderen Taxigast sinniert der Forscher, ob Vorwürfe auf Social Media korrekt seien, dass er eben zu Hause bleiben solle, wenn es ihm ums Klima gehe. „Am wenigsten Emissionen hätte ich, wenn ich mich umbringe“, meint Grimalda. Der Mitfahrer grinst: „Aber sofort. Und ohne Krematorium.“
71 Minuten dauert der Film. Die Frage „War es den Preis wert?“ muss jede:r selbst beantworten. Zu Ende ist die Geschichte nicht. Grimalda ist gegen das Gerichtsurteil zu seiner Kündigung in Berufung gegangen.
Below: Gianluca Grimalda talks about his participation in the film
- David Maria Turoldo
FILM FESTIVALS & AWARDS
Blue Planet Future Festival 2024, South Korea
Suncine 2024, Barcelona, Spain
Films For Future, Zurich, Swiss
CinemAmbiente 2024, Turin, Italy
Los Angeles-Italia FIlm Festival, USA
Janakpur International Film Festival, Nepal
BUZZ IFF Bazau Film Festival, Romania
Matsalu Nature Film Festival 2024, Estonia
Clorofilla Film Festival 2024, Italy
Festival del Cinema di Cefalù, Italy
Ojo Móvil Fest, Lima, Perù